Was ist Psychoanalyse?

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Psychoanalyse hilft Menschen dabei, die eigene Lebensgeschichte zu erkunden. Ursachen psychischer Leiden liegen oft in unbewussten Motiven oder schmerzhaften Erfahrungen in der Vergangenheit.
1. Was ist Psychoanalyse?
Psychoanalyse gehört zu den psychodynamischen Therapien. Diese Therapieform geht davon aus, dass Spannungen zwischen unbewussten Impulsen und der heutigen Lebenssituation Probleme hervorrufen. Sie wird eingesetzt, um seelische Störungen zu heilen und die eigene Persönlichkeit zu ergründen. Die Psychoanalyse fokussiert sich im Gegensatz zu anderen Therapiemethoden auf die Vergangenheit.
Begründer ist Sigmund Freud. Er ging von drei psychischen Instanzen der Persönlichkeit aus: das Es, Ich und Über-Ich. Das Ich verhält sich nach dem Realitätsprinzip. Es steht für rationale Lösungen, Entscheidungen und Kontrolle. Seine Rolle liegt in der Vermittlung zwischen Es und Über-Ich. Das Es funktioniert nach dem Lustprinzip. Alle unbewussten Triebe und Bedürfnisse sind darin enthalten. Das Über-Ich agiert nach dem Moralitätsprinzip. Diese Instanz bewertet die Wünsche des Es. Im Über-Ich finden sich Wert- und Normvorstellungen.
Im Alltag werden wir oft vom Es und Über-Ich gesteuert. Verletzt uns z. B. der Partner mit einer Aussage, denkt das Es in uns «Ich könnte ihm den Hals umdrehen». Doch unser Über-Ich behält die Kontrolle und denkt «Das tut man doch nicht, bist du verrückt?». Das Ich vermittelt zwischen beiden Instanzen und sorgt dafür, dass wir trotz Wut angemessen reagieren. Dank dem Ich zeigen wir zwar deutlich unser Missfallen, gehen aber nicht auf unseren Partner los.
Die Psychoanalyse verfolgt das Ziel, die Harmonie zwischen diesen drei Instanzen herzustellen. Nur wenn uns bewusst ist, was uns verletzt, können wir angemessen darauf reagieren. Verletzungen haben ihren Ursprung gemäss der Psychoanalyse häufig in der Kindheit. Psychische Störungen können ihre Ursache in verdrängten, schmerzhaften Erinnerungen haben. Diese Verdrängung verhindert die Heilung. Therapeuten helfen den Patientinnen und Patienten, Zusammenhänge zwischen der Vergangenheit und ihrem gegenwärtigen Handeln zu erkennen. Diese Einsicht führt zur Heilung.
2. Was macht man in einer Psychoanalyse?
Die traditionelle Psychoanalyse ist ein Versuch, langfristig verdrängte Erinnerungen zu rekonstruieren. Schmerzvolle Gefühle sollen bearbeitet und aufgelöst werden. Grundlage einer solchen ist immer das Therapiegespräch. Hierfür werden verschiedene Techniken angewandt.
Die freie Assoziation ist die wichtigste Technik in der Psychoanalyse. Das Unbewusste wird mithilfe eines Psychoanalytikers oder einer Psychoanalytikerin erkundet. Dabei liegt der Patient oder die Patientin entspannt auf einem Sofa und lässt die Gedanken frei umherwandern. Die Therapie kann auch im Sitzen durchgeführt werden.
Gedanken, Wünsche und Gefühle werden frei geäussert. Patienten und Patientinnen werden ermutigt, auch unwichtig erscheinende Eindrücke auszusprechen. Sigmund Freud ging davon aus, dass freie Assoziationen nie zufällig erfolgen. Werden sie zu ihrem Ursprung zurückverfolgt, lassen sich tiefer liegende Muster erkennen. Diese Muster steuern unbewusst und negativ den Alltag. Werden sie bewusst, erfährt der Patient oder die Patientin Heilung.
Für Psychoanalytiker oder Psychoanalytikerinnen sind vor allem die Aspekte von grosser Bedeutung, die Widerstand erzeugen. Die Unfähigkeit oder der Unwille, über bestimmte Dinge zu sprechen, sind demnach Barrieren zwischen dem Bewussten und Unbewussten. Häufig stehen diese in Verbindung mit dem Sexualleben oder zornigen Gefühlen gegenüber den eigenen Eltern. Indem die Psychoanalyse die Widerstände aufbricht, wird der Patient oder die Patientin dazu befähigt, schmerzvollen Inhalten gegenüberzutreten.
Traumdeutung ist eine weitere Technik, die in der Psychoanalyse Anwendung findet. Träume sind gemäss Freud eine Quelle für Informationen über unbewusste Motivationen. Im Schlaf ist das Über-Ich weniger wachsam. Deshalb tauchen darin verdrängte Botschaften aus dem Unterbewusstsein auf. Mithilfe der Therapieperson werden Motive enthüllt und untersucht. Lebenserfahrungen und Wünsche werden entdeckt und bewusst gemacht.
Auch die Übertragung ist ein wichtiger Teil der Psychoanalyse. Verdrängte Gefühle, Erwartungen und Wünsche werden gemäss dem tiefenpsychologischen Ansatz auf neue soziale Beziehungen übertragen. Das führt zu Beziehungsproblemen im Alltag eines Menschen. Eine Angestellte wird z. B. von ihrem Vorgesetzten immer wieder ungerecht abgewertet. Trotzdem bewundert sie ihn und will ihm durch gute Leistungen gefallen. Sie wünscht sich die Bestätigung, die sie von ihrem Vater nie erhalten hat. In der Psychoanalyse werden Übertragungen aufgedeckt, damit gesunde Grenzen entwickelt werden können.
3. Wer ist für Psychoanalyse geeignet?
Eine Psychoanalyse hilft Menschen mit psychischen Störungen, ist aber auch für Menschen geeignet, die Interesse an Persönlichkeitsentwicklung haben. In therapeutischen Gesprächen werden Motive aufgedeckt, die den Alltag des Patienten oder der Patientin unbewusst beeinflussen.
Die Vergangenheit wird erforscht und die eigene Lebensgeschichte erkundet. Dadurch gewonnene Erkenntnisse helfen nicht nur bei psychischen Problemen, sondern auch dabei, die eigene Persönlichkeit besser zu erfassen. Die Psychoanalyse ist vor allem für Störungen geeignet, welche die gesamte Persönlichkeit umfassen. Wer eine Psychoanalyse in Anspruch nimmt, sollte bereit sein, sich tiefergehend mit der eigenen Vergangenheit auseinanderzusetzen. Diese Therapieform dauert länger als andere. Sie kann sich über mehrere Jahre erstrecken.
4. Wie finde ich einen Psychoanalytiker?
Psychoanalytiker und Psychoanalytikerinnen haben eine fundierte und langjährige Ausbildung durchlaufen. Sie sind anerkannte Psychotherapeuten und -therapeutinnen mit einer Weiterbildung in Psychoanalyse.
Auf der Webseite des Psychoanalytischen Seminars Zürich PSZ finden Sie eine Liste mit psychotherapeutischen Fachpersonen, die über eine anerkannte Ausbildung in Psychoanalyse verfügen. Auch das Freud-Institut Zürich listet Kontakte für professionelle Psychoanalyse. Die Schweizerische Gesellschaft für Psychoanalyse SGP nennt Anlaufstellen für Basel, Bern und Zürich sowie in der Westschweiz und Romandie.
Quellen
- Gerrig, R. J. & Zimbardo, P. G. (2016). Psychologie (20. Auflage). Hallbergmoos: Pearson.
- Spektrum.de - Psychoanalyse
- SGPsa - Kontaktstellen
- Freud-Institut Zürich